MH (Mentalbeskrivning Hund) in Bjuv (Schweden)


Sonntag, 17. Oktober 2010, 8 Uhr. In unserem dänischen Ferienhaus in Gilleleje klingelt der Wecker. Die einzige "Pflichtübung" unseres Urlaubs steht uns, bzw. Karhu bevor: der schwedische Mentaltest. Schon seit einigen Jahren haben wir uns vorgenommen, diesen Test einmal anzuschauen, doch bisher passte es leider nicht. In diesem Jahr fand eine Prüfung in erreichbarer Nähe statt. Wir gingen auf Anraten aus Schweden noch einen Schritt weiter: wir meldeten Karhu und die Meldung wurde angenommen (was auf Grund der hohen Melde- und begrenzten Teilnehmerzahlen - nur 8-10 pro Prüfungstag- nicht sicher war). So machten wir uns um 10 Uhr auf ins 20 km entfernte Helsingör, fuhren von dort aus mit der Fähre nach Helsingborg.

Inzwischen war die Zeit fortgeschritten, so suchten wir den Weg zum Terrierklub in Bjuv, der die MH ausrichtete. Wir wollten uns unbedingt 1-2 vorher startende Prüflinge anschauen, um den ungefähren Ablauf zu kennen. Die Anweisungen und Erklärungen würden in Schwedisch gegeben, eine für uns neue Situation.

Der vierte von sieben Hunden war in der Prüfung (während der laufenden Prüfungen wird strikt darauf geachtet, dass niemand das Gelände betritt), die Pause bot eine gute Gelegenheit zu einem etwas längeren Spaziergang - Ablenkung für Karhu und vor allem für sein Frauchen ... Anschließend beobachteten wir noch ein bisschen den Übungsbetrieb beim Terrierklub und dann ging es los. Wesensbeschreiber: Ken Lundahl; Testleiter: Patric Haje)

Für die MH gibt es ein umfangreiches Regelwerk, das die genaue Ausführung wie auch die Voraussetzungen für Beschreiber, Leiter und Figuranten vorgibt.

Bei der MH handelt es sich um eine umfassende Wesensbeschreibung des Hundes. Sie ist keine Prüfung im eigentlichen Sinne, denn es gibt kein "richtig" oder "falsch", es gibt lediglich die Reaktion des Hundes, die beschrieben wird. Die MH ist für alle Rassen identisch, so starteten am Sonntag mit uns diverse Terrierrassen (Staffordshire, Jack Russell, Norfolk Terrier), schließlich war der Terrierklub der Ausrichter. Aufgrund der unterschiedlichen Charaktereigenschaften der Rassen ist auch das Verhalten in den einzelnen Aufgaben unterschiedlich. Ein Nichtbestehen gibt es nicht, die Durchführung kann jedoch vom Testleiter oder vom Besitzer abgebrochen werden. Ersteres wäre z.B. bei übertriebener Aggressivität oder Ängstlichkeit der Fall. Ebenso kann der Besitzer von Aufgabe 10 (Schussüberprüfung) Abstand nehmen.

Das Team besteht aus dem "Beschreiber", dem "Testleiter" und 2-3 Helfern (den Figuranten). Sämtliche Personen, die mit dem Hund in Kontakt kommen, sind geschult und eingewiesen. Es wird darauf hingewiesen, dass jede Handlung während der Aufgabenphase zum exakten Zeitpunkt bei jedem Hund in gleicher Intensität ausgeführt werden muss. Wir haben drei Prüfungshunde gesehen und waren beeindruckt von der Durchführung. Die Kommunikation zwischen Testleiter und Figuranten erfolgte ausschließlich durch Handzeichen, normalerweise außerhalb des Aufmerksamkeitsbereiches des Hundes.

Die MH besteht aus 10 Aufgaben, die der Hund zu lösen hat. Der Besitzer hat eine begleitende und (nur nach Aufforderung durch den Testleiter) helfende Funktion. Immer wieder wurde klar: der Hund muss agieren, der Besitzer ist und bleibt der Zuschauer am Rande. Bei jeder der Aufgaben wird auf verschiedene Eigenschaften des Hundes geachtet, daher gibt es pro Aufgabe später ca. 5-7 unterschiedliche Ergebnisse. Wer sich diesem Test stellt, dem muss bewusst sein, dass er teilweise aus extremen Provokationen besteht. Einige allgemeine Anmerkungen: Am heutigen Tag übernahm Peter den Part des Hundeführers, ich war Beobachter und Fotograf. Bei allen Übungen standen Karhus engste Bezugspersonen in der Nähe, was - auch nach späterer Aussage des Beurteilers - die Situation für ihn erschwerte. Keine der Übungen wurde von uns im Vorfeld mit Karhu trainiert. Dies hätte die Charakterbeurteilung verfälscht und ist nicht im Sinne der MH.

Um einen umfassenden Eindruck zu geben, habe ich die Aufgabenstellungen nicht nur aus dem Gedächtnis beschrieben, sondern die Anweisungen des schwedischen Gebrauchshundeklubs sowie die Beurteilungsschlüssel zu Hilfe genommen. Karhus Ergebnisse sind fett gedruckt.

Aufgabe 1 - Zusammenarbeit

Beschreibung des Vermögens, in unterschiedlichen Situationen Kontakt herzustellen und zu beantworten.

Kontaktperson ist der Testleiter. Sofern dieser dem Hund bekannt ist, übernimmt einer der Beschreiber diese Aufgabe.

Der Hund wird (angeleint) vom Hundeführer um die Zuschauergruppe herumgeführt. Der Testleiter steht in 10 m Abstand . Er begrüßt den Hundeführer, spricht den Hund mit Namen an. (Kontakt - Begrüßung). Er übernimmt die Leine und entfernt sich mit dem Hund vom Hundeführer (ca. 10 m). Der Hund wird dabei von ihm angesprochen und motiviert, mitzukommen. Nach 10 m bleibt der Testleiter kurz stehen, lobt den Hund und geht zum Hundeführer zurück, übergibt ihm die Leine. (Kontakt - Zusammenarbeit). Der Testleiter tastet den kompletten Körper des Hundes ab und endet mit der Zahnkontrolle. (Kontakt - Berührung)

Beschrieben werden nach dieser Sequenz drei Punkte:

· Kontaktaufnahme bei der Begrüßung (1. Kontaktverweigerung bis zum Beißversuch/2. Verweigert Kontakt durch Wegdrehen/3. Akzeptiert Kontakt ohne ihn zu beantworten/4. Nimmt selbstständig Kontakt auf oder beantwortet Kontaktaufnahme/5. Übertriebene Kontaktaufnahme)

· Kontakt in der Zusammenarbeit (1. Folgt nicht / 2. Folgt widerwillig / 3. Folgt, orientiert sich aber nicht am TL / 4. Folgt willig dem Testleiter / 5. Folgt willig mit übertriebenem Engagement gegenüber TL)

· Kontakt - Berührung (1. Kontaktverweigerung bis zum Beißversuch / 2. Weicht aus, dreht sich weg oder sucht Schutz beim HF / 3. Akzeptiert Berührungen / 4. Akzeptiert Berührungen, antwortet mit Kontaktaufnahme / 5. Akzeptiert Berührungen mit übertriebener Kontaktaufnahme)

Mein persönlicher Eindruck zu dieser Übung: Ein Teil der Reaktionen in diesen Übungen sind sicher erziehungsbedingt. So wurde eine übertriebene Kontaktaufnahme von uns strikt unterbunden und eine freundliche, abwartende Haltung belohnt und gefördert. Bereits hier zeigt sich, dass es kaum eine richtige oder falsche Reaktion geben kann. Wie freudig soll/darf der Hund einem Fremden folgen?, wäre nur eine Frage, die hier aufgeworfen wird. Karhu hat sich auf dem Weg mit dem Testleiter häufig zu Peter umgedreht und gezielt Augenkontakt zu Malin und mir in der Zuschauergruppe am Rande gesucht. Eine mündliche Bestätigung seines Verhaltens (geh' mit o.ä.) war nicht gestattet. Sein Verhalten entsprach hier vollkommen unseren Erwartungen.


Aufgabe 2 - Spiel

Beschreibung der Reaktionen im Spiel mit einem Spielzeug / Beschreibung, ob sich der Hund in ein Zerrspiel mit dem Testleiter einlässt

Verwendet wird ein fremdes Spielzeug. In unserem Fall eine gerollte Fleecedecke, ca. 50 cm lang, ca. 5 cm dick, an beiden Enden geknotet. (Am ehesten mit unserem Tau vergleichbar)

Der HF bekommt das Spielzeug, der Hund wird abgeleint. Der HF wird angewiesen, das Interesse des Hundes zu wecken. Dafür zieht er das Spielzeug zwei Mal mit ruckartigen Bewegungen über den Boden. Das Spielzeug wird zum Testleiter geworfen, der ca. 10 m entfernt steht. Der wirft zurück zum HF und der wieder zum TL. Anschließend wirft der TL es ca 10 m von sich entfernt auf den Boden. Holt der Hund das Spielzeug, soll er es möglichst zum HF zurückbringen.

Das Spiel wird zweimal ausgeführt.

ZERRSPIEL

Der HF übergibt das Spielzeug dem TL. Dieser ermuntert den Hund, es zu greifen. Er hält das Spielzeug an beiden Enden und führt mit dem Hund ein Zerrspiel durch, das max 30 Sek dauert. Hierbei wechselt der TL zwischen aktivem Zerren und passiven Phasen.

Beschrieben werden nach dieser Sequenz drei Punkte:

· Spiel 1 - Spielfreude (1.Spielt nicht/ 2 Spiel nicht, zeigt aber Interesse/ 3.Beginnt langsam, bleibt aktiv, spielt/ 4.Beginnt sofort, spielt aktiv/ 5. Beginnt extrem schnell, spielt extrem aktiv)

· Spiel 1 - Greifen (1. Greift nicht / 2. Greift nicht, schnüffelt nur am Spielzeug/ 3. Greift zurückhaltend oder mit den Vorderzähnen/ 4. Greift direkt mit ganzer Schnauze / 5. Greift direkt, schüttet Spielzeug)

· Spiel 1 - Greifen und Zerren 1.Greift nicht / 2. Greift verhalten, nimmt auf, aber zerrt nicht / 3. Greift, zieht etwas, lässt aber los / 4. Greift direkt und zieht unbeirrt, bis TL nachgibt / 5. Greift direkt, zieht, ruckt, selbst in den vom TL passiven Phasen.

Mein persönlicher Eindruck zu dieser Übung: Eigentlich konnte hier fast nichts schief gehen. Schulisch gesehen, wäre dies Karhus Lieblingsfach. Mit Spielen erzogen, wobei Zerrspiele nie ausgespart (wohl aber kontrolliert!) wurden, bereitete diese Aufgabe nichts als Freude. Und spätestens nach dieser Sequenz war der Testleiter Karhus neuer Freund, zu dem er immer wieder Kontakt suchte. Typisch Karhu: wer einmal mit ihm gespielt hat, der wird ihn nicht wieder los. Karhu hat hier das Verhalten gezeigt, das wir von unserem Hund wünschen und erwarten: Spielfreude, Spaß an der Zusammenarbeit mit den Menschen. Für uns ist diese Beurteilung optimal - "richtig" muss sie aber natürlich nicht sein, dies hängt von den Ansprüchen an die Rasse bzw des Besitzers ab.



Aufgabe 3 - Verfolgung und Greifen

Beschreibung der Begeisterung, bewegte Objekte zu verfolgen und zu greifen

Für diese Übung ist ein größerer Aufbau notwendig. Ein langes Tau wird über 10 Umlenkrollen im Zickzack bergauf geführt (Gesamtstrecke ca 60m). Am Ende des Taus befindet sich ein 40-50 cm langes Stück Fell (oder ähnliches), das andere Ende führt zu einem Helfer ausserhalb des Sichtbereiches. Der Hund steht (in Windrichtung) ca 20 m von der ersten Rolle entfernt und wird am Halsband festgehalten. Der TL steht kurz dahinter. Der TL muss sicherstellen, dass die volle Aufmerksamkeit des Hundes in Richtung der Rollen gerichtet ist. Auf sein Zeichen wird das Fell den Berg hinauf gezogen. Bei der fünften Rolle lässt der HF auf Zeichen des TL das Halsband los.

Die Übung wird zweimal ausgeführt

.

Beschrieben werden nach dieser Sequenz zwei Punkte:

· Verfolgung (1. Startet nicht, nicht einmal zur Rolle 2 Bricht Verfolgung vor dem Ziel ab/ 3.Beginnt langsam, verfolgt bis Ende/ 4.Startet schnell, zielgerichtet, bremst am Ziel/ 5. Startet schnell. Läuft am Ziel vorbei, wendet evtl)

· Greifen 1. Ignoriert das Ziel bzw springt nicht los / 2. Greift nicht, schnüffelt am Ziel / 3. Greift zurückhaltend oder mit Verzögerung / 4. Greift direkt / 5. Greift direkt, behält Ziel mind 3 Sekunden)

Mein persönlicher Eindruck zu dieser Übung: Hoppla ... das war die erste Überraschung. Beim ersten Versuch blieb Karhu bei Peter - vollkommen unbeeindruckt von dem, was sich da vor seiner Nase abspielte. Beim zweiten Versuch durfte Peter ihn ein, zwei Schritte in Richtung Rollen begleiten. Er setze sich in Bewegung, stoppte als Peter stehen blieb, schaute ihn an und machte sich dann auf die Suche nach einem Spielzeug. Dass er dabei den ca. 5 m langen Ast, der als Begrenzung diente, apportierte, störte ihn wenig. Der Testleiter musste sich geistesgegenwärtig ducken, sonst hätte es Verletzte gegeben....

Übung versemmelt? Vielleicht ... vielleicht war sein Stop aber nur eine logische Konsequenz unserer Erziehung. Denn WÄRE das bewegte Objekt ein Hase gewesen, WÄRE dies kein Test, sondern ein Spaziergang gewesen, hätte die Verfolgung für Karhu mächtig Ärger bedeutet. Auf Spaziergängen ignoriert er Rehe und Fasane selbst in 1 m Entfernung. Konnten tatsächlich erwarten, dass er hier begeistert durchstartet, das Fell schnappt und begeistert zu uns zurückbringt? Leider gab es kein Feld "Hund apportiert unaufgefordert einen Teil des Aufbaus" Was hatte ich erwartet? Diese gehörte zu den Übungen, die ich nicht einschätzen konnte. Das Loslassen des Halsbandes als "okay-Signal" reichte offensichtlich nicht aus.

Aufgabe 4 - Aktivität

Beschreibung des Hundes in einer Situation, in der eine erwartete Aktivität ausbleibt

Der Hund und der Hundeführer begeben sich an einen naturbelassenen Ort (mit Zweigen, Blättern etc), der frei von irgendwelchen störenden Einflüssen ist. Der Hund hat die volle Freiheit der 2-m-Leine. Der HF, die Zuschauer und der TL sind vollkommen ruhig und passiv. Hundeführer und Hund bleiben 3 Minuten in dieser Situation.

Beschrieben wird lediglich ein Punkt:

· Aktivität (1. Unaufmerksam, uninteressiert, inaktiv / 2. Aufmerksam und ruhig, sitzt, steht oder liegt/ 3. Ist aufmerksam und überwiegend ruhig, vereinzelte Aktivitäten 4. Ist aufmerksam mit unterschiedlichen Aktivitäten und Unruhe/ 5. Wechselt schnell zwischen Aktivitäten oder verhält sich während der Übung unruhig.

Mein persönlicher Eindruck zu dieser Übung: Laaaangweilig .... Karhu hatte sichtlich keine Lust auf Nichtstun. Er ist ein unruhiger Hund, der außerhalb des Hauses immer auf Aktivitäten hofft. Es hätte schlimmer kommen können: immerhin zerrte er keine Äste aus dem Gestrüpp, wie wir bereits befürchtet hatten. Aber er tat seinen Unmut kund, indem er ausgiebig jammerte, mal hier, mal dort schnüffelte und darauf wartete, dass irgendwer irgendwas tut. Ein Hund, der ruhig abwartet, auch wenn mal nichts los ist, ist Karhu einfach nicht. Daher war eine unruhige Übung und eine entsprechende Beurteilung zu erwarten.



Aufgabe 5 - Abstandsspiel

Zur Halbzeit der Prüfung sollten wir eine Überraschung erleben....

Beschreibung des Vermögens der Zusammenarbeit mit einer fremden Person entfernt vom Hundeführer

Zwei Verstecke auf gerader Linie zum Hund/HF (Entfernung der Verstecke voneinander: 12 Meter). Entfernung dieser gedachten Linie zum Hund: ca. 40 Meter. Der HF hält seinen Hund am Halsband. Eine mit einem farbigen Cape bekleidete Gestalt verlässt das Versteck, läuft in gebeugter Haltung 3 m, bleibt stehen, geht 3 m weiter, dreht sich zum Hund /HF, hockt sich, geht leicht gebeugt weitere 3 m, nimmt die Kapuze ab, richtet sich auf und holt ein Spielzeug hervor. Wirft das in die Luft und springt schnell in das zweite Versteck. Hier nimmt der Figurant schnell das Cape ab. Sobald der Figurant im Versteck 2 verschwunden ist, wird der Hund frei gelassen. Aus dem Versteck lockt er den Hund freundlich. Kommt er nicht, zeigt er sich mit dem Spielzeug und versucht, den Hund auf die Linie zu locken.

Beschrieben werden nach dieser Sequenz fünf Punkte:

· Abstandsspiel - Interesse (1. Kümmert sich nicht um Figuranten/ 2 Kontrolle, bricht Vorauslaufen ab/ 3.Interessiert, verfolgt Figuranten/ 4. Interessiert, will loslaufen/ 5. Stark interessiert will loslaufen, macht Startversuche)

· Abstandsspiel - Aggression/Drohverhalten (1. Zeigt kein Drohverhalten / 2. Zeigt vereinzelte Drohversuche im ersten Teil / 3. Zeigt vereinzeltes Drohverhalten im ersten und zweiten Teil / 4. Zeigt starkes Drohverhalten im esten Teil / 5. Zeigt starkes Drohverhalten im ersten und zweiten Teil)

· Abstandsspiel - Neugierde (1. Geht nicht zum Figuranten /2. Geht, nachdem Figurant auf der Linie aktiv ist / 3. Geht zum lockenden Figuraten 4. Geht mit unsicherer Körperhaltung oder mit Zeitverzögerung zum Figuranten / 5. Geht direkt zum Figuranten)

· Abstandsspiel - Spielfreude (1. Zeigt kein Interesse / 2. Spielt nicht, zeigt Interesse / 3. Spielt , greift vorsichtig, zerrt nicht / 4. Greift, zerrt, hält nicht fest / 5. Greift sofort, zerrt und lässt nicht los.

· Abstandsspiel - Zusammenarbeit (1. Zeigt kein Interesse / 2. Aktiv, bricht aber ab / 3. Ist aktiv, wenn Figurant aktiv ist /4. Spielt mit aktivem Figuranten, zeigt in passiven Phasen Interesse / 5. Fordert passiven Figuranten zum aktiven Spiel auf.)

Mein persönlicher Eindruck zu dieser Übung: Hier lagen wir mit unserer Einschätzung vollkommen falsch. Aber nicht nur wir, auch Beschreiber und Testleiter fragten später, ob wir dieses Verhalten erwartet haben oder erklären können. Karhu interessierte sich zwar für die Person und verfolgte jede ihrer Bewegungen ohne sich über das Geschehen aufzuregen. Als sie ihn jedoch lockte (freundlich angesprochen, jedoch nicht mit Namen), nahm er keinerlei Kontakt auf, sondern schnüffelte unbeeindruckt am Wegesrand. Auch das in 40 m geschwenkte Spielzeug nützte da nichts. Da er keinen Kontakt zum Figuranten aufnahm, gab es auch bei Spielfreude und Zusammenarbeit nichts mehr zu gewinnen. Ihm war das entfernte Theater vollkommen egal. Ich hatte erwartet, Karhu würde sofort Kontakt aufnehmen und spielen, da ähnliche Situationen im Alltag durchaus vorkommen. Allerdings bekommt er dann von uns eine Erlaubnis (geh ruhig), die Peter hier nicht geben durfte. Der Hund muss die Entscheidungen selbstständig treffen. Beruhigend, dass er auch die hundeerfahrenen Tester mit diesem Verhalten vor ein Rätsel stellte.



Aufgabe 6 - Überraschung: der gefürchtete Overall

Diese Aufgabe hat sich bereits herumgesprochen. Eine anspruchsvolle Herausforderung, die auf den Hund wartet. Wir waren gespannt, wie Karhu sie lösen wurde.

Getestet wird das Vermögen des Hundes in einer überraschenden Situation, in der er nicht durch eine andere Handlung abgelenkt wird.

Vorbereitet wurde mitten im Wald ein Gerüst. Auf dem Fußboden liegt ein blauer Overall (sogenannter "Blaumann") ohne Kopfteil. Arme und Körper des Overalls werden durch ein Kreuz aus Holz stabil gehalten. Die Beinenden sind auf dem Boden befestigt, damit beim Hochziehen kein Lufthauch ("Flattern" der Beine) entstehen kann. Ein Seil führt vom Overall zu einem der Helfer, der mit einem Ruck den Overall in aufrechte Position bringen und halten kann.

Der Ort muss dem Hund Fluchtmöglichkeiten bieten ohne dass sich dieser verletzen kann.

Auf Anweisung des Testleiters gehen Hundeführer und Hund mit verkürzter Leine in Richtung Overall (der noch am Boden liegt). Wenn der Hund drei Meter vor dem Overall ist, wird dieser mit einem Ruck hochgezogen. Gleichzeitig lässt der Hundeführer die Leine fallen und verhält sich passiv; den Blick Richtung Overall. Ab jetzt gibt es keinerlei Bewegungen - weder vom Publikum noch von Hundeführer, Figurant, Testleiter. Auch der Overall bleibt bewegungslos in der senkrechten Position. Je nach Verhalten des Hundes entscheidet der Testleiter über das weitere Vorgehen.

Die für den Hund provozierende und erschreckende Situation muss unbedingt korrekt wieder aufgelöst werden. Um dies zu erreichen, muss der Hund Kontakt zum Overall aufnehmen, was er eventuell selbstständig tut. Zeigt er ein anderes Verhalten, nähert sich der HF (nach Aufforderung) dem Overall - zunächst auf halber Strecke. Dort verharrt er wieder. Ignoriert der Hund die Bewegung, stellt sich der HF vor den Overall (nach Anweisung), ohne diesen zu berühren. In der nächsten Phase hockt er sich und lockt den Hund her. Jede Phase ist mit 15 Sek festgelegt.

Anschließend gehen Hundeführer und Hund zweimal am Overall vorbei, wobei der Hund zwischen Overall und HF zu führen ist und die Leine locker durchhängt.

Beschrieben werden nach dieser Sequenz erneut fünf Punkte:

· Überraschung - Erschrecken (1. Bleibt nicht stehen oder stoppt kurz/ 2 Duckt sich und bleibt stehen/ 3.Ausweichmanöver ohne den Blick abzuwenden/ 4. Flucht, max 5 Meter/ 5. Flucht weiter als 5 Meter)

· Überraschung - Drohverhalten/Agressivität (1. Zeigt kein Drohverhalten / 2. Zeigt vereinzeltes Drohverhalten / 3 Zeigt über längere Zeit andauerndes Drohverhalten / 4. Zeigt starkes Drohverhalten, attackiert etwas / 5. Zeigt Drohverhalten und attackiert bis hin zum Beißen

· Überraschung - Neugierde (1. Geht zum Overall als er am Boden liegt / geht nicht zum Overall/2. Geht, als HF vor Overall hockt und ihn lockt / 3. Geht, als HF direkt vor dem Overall steht 4. Geht, als HF auf halber Strecke vor dem Overall steht / 5. Geht direkt zum Overall ohne Hilfe

· Überraschung - Anhaltende Angst 1.Keine Tempoveränderung oder Ausweichmanöver / 2. Kleiner Bogen oder Tempoveränderung / 3. Bogen oder Tempoveränderung beim 1. Vorbeigehen, leichtes usweichen bei 2. Passage / 4. Ausweichen oder Tempowechsel bei beiden Passagen ohne Veränderung / 5. Zeigt unverändert große Angst bei allen Passagen

· Überraschung - Anhaltendes Interesse 1. Zeigt kein Interesse/ 2 Bleibt stehen, schaut 1x zum Overall / 3. Bleibt stehen und schaut mind 2 x zum Overall / 4. Beißt in Overall oder spielt damit, Interesse danach gemindert / 5. Beißt in Overall oder spielt damit bei mind. 2 Passagen

Mein persönlicher Eindruck zu dieser Übung: Für mich war dies nicht die schwierigste Übung, die "Gespenster" (Übung 8) bedeutete m.E. noch eine Steigerung der Provokation. Karhu zeigte hier mehr oder weniger das erwartete Verhalten. Beim Hochziehen des Overalls (bei dem selbst wir uns erscheckten, da es sehr ruckartig und schwungvoll geschieht - und wir wussten, was passiert) sprang er zur Seite, fasste sich und bellte. Als vom Overall keine weitere Reaktion kam, erlahmte sein Interesse. Er wandte sich kurz in Richtung Zuschauer (alle noch da?) und schaute sich danach im Gebüsch um. Die Annäherung von Peter an den Overall registrierte er mit kurzem Hingucken, er lief aber erst hin als Peter ihn rief. Dann lief er unbeeindruckt zum Overall, schaute kurz, wofür Peter sich da interessiert und wandte sich wieder anderen Dingen zu. Wieder angeleint, passierte er die vorgeschriebenen Male den Overall ohne weiteres Interesse. "Beeindruckend gelöst", war der spätere Kommentar. Kurzes Erschrecken ist sicher zulässig, nur auf den Overall trainierte Hunde zeigen sich vermutlich vollkommen unbeeindruckt. Interessant ist das weitere, auf das Erschrecken folgende Interesse. Die Vorgabe der Reaktionsmöglichkeiten zeigt die Bandbreite der möglichen Reaktionen. Karhu zeigte demzufolge ein angemessenes, moderates Verhalten.

Sicher ist diese Übung beeindruckend und aussagekräftig, sofern sie korrekt und fachgerecht durchgeführt wird. Gerade bei dieser Aufgabe schaute der Testleiter akribisch auf exaktes Timing und exaktes Verhalten des Hundeführers. Auch die Auflösung der Situation dürfte gerade bei zurückhaltenden oder gar ängstlichen Hunden sehr viel Fingerspitzengefühl und Fachwissen erfordern. Immerhin folgen noch drei weitere Übungen mit Extremsituationen. Bei aller Begeisterung für die Aufnahme dieser oder ähnlicher Übungen in unsere Wesenstest muss abgewogen werden ob die Aussagekraft über den Charakter höher ist als die Gefahr, durch Unwissenheit oder falsches Timing gerade bei jungen Hunden Probleme zu verursachen.



Aufgabe 7 - Lärmempfindlichkeit

Beschreibung der Reaktion bei überraschend auftretendem Lärm

"Skramlet" heißt die Lärmquelle, die unsere Steinkanister, Motorsägen, Glocken usw locker in den Schatten stellt. Das Teil hat eine Länge von 1 - 1,5 Metern. In einem Holzrahmen befinden sich Metallrollen. Über diese werden mittels Seil gleichzeitig diverse Gegenstände geführt, was ein höllisches metallenes, klapperndes Geräusch ergibt. (für ca. 3 sek)

Der HF geht mit an kurzer Leine geführtem Hund an der Schrammel vorbei. Dieses ist für den Hund nicht sichtbar, da es aus Wegrichtung mit Ästen getarnt ist. Da das Gerät aus der Ferne (mittels Seil) bedient wird, kommt das Geräusch für den Hund vollkommen unerwartet und überraschend. In dem Moment, in dem das Geräusch ertönt, lässt der HF die Leine los und wendet sich passiv mit dem Gesicht zur Geräuschquelle. Der Hund ist erneut auf sich allein gestellt.

Je nach Reaktion des Hundes weist der TL das weitere Vorgehen an. Entsprechend der Overallübung soll der Hund Kontakt mit der Geräuschquelle aufnehmen . Macht er es nicht selbstständig, nähert sich der HF in zwei Schritten der Quelle, Im dritten Schritt hockt er sich und lockt den Hund. Abschließend gehen Hund und HF an langer, durchhängender Leine noch zweimal an der "Schammel"vorbei.

Beschrieben werden nach dieser Sequenz vier Punkte:

· Lärmempfindlichkeit - Erschrecken Bleibt nicht stehen oder stoppt kurz/ 2 Duckt sich und bleibt stehen/ 3.Ausweichmanöver ohne den Blick abzuwenden/ 4. Flucht, max 5 Meter/ 5. Flucht weiter als 5 Meter)

· Lärmempfindlichkeit - Neugierde 1. Geht nicht zur Lärmquelle / 2. Geht, als HF hockt und ihn lockt / 3. Geht, als HF direkt vor der Lärmquelle steht 4. Geht, als HF auf halber Strecke vor der Lärmquelle steht / 5. Geht ohne Hilfe direkt zur Lärmquelle

· Lärmempfindlichkeit - anhaltende Angst 1.Keine Tempoveränderung oder Ausweichmanöver / 2. Kleiner Bogen oder Tempoveränderung / 3. Bogen oder Tempoveränderung beim 1. Vorbeigehen, leichtes usweichen bei 2. Passage / 4. Ausweichen oder Tempowechsel bei beiden Passagen ohne Veränderung / 5. Zeigt unverändert große Angst bei allen Passagen

· Überraschung - Anhaltendes Interesse 1. Zeigt kein Interesse/ 2 Bleibt stehen, schaut 1x zu Lärmquelle / 3. Bleibt stehen und schaut mind 2 x / 4. Beißt in Schrammel oder spielt damit, Interesse danach gemindert / 5. Beißt in Schrammel oder spielt damit bei mind. 2 Passagen

Mein persönlicher Eindruck zu dieser Übung: Bevor ich die Schrammel in Aktion gesehen hatte, war ich überzeugt, Karhu könne kein Geräusch beeindrucken. Immerhin ist er an alle möglichen Geräuschquellen gewöhnt und zeigt sich normalerweise gleichgültig. Als ich sie beim ersten Hund erlebte, wurde ich - zu Recht - unsicher. Es ist wirklich ein außergewöhnlicher Lärm in einem absolut überraschenden Moment.

Karhu machte ein Ausweichmanöver, beruhigte sich aber sofort. Neugierig lief er hin und schaute sich das Teil genauer an, kletterte sogar darauf herum. Die nächste problemlose Reaktion. Bei den folgenden Passagen interessierte ihn das merkwürdige Teil nicht mehr, beim zweiten Vorübergehen schaute er nur kurz hin.

Für lärmempfindliche und durch Geräusche zu beeindruckende Hunde ist auch diese Aufgabe sicher nicht "ohne". Auch hier wurde auf exaktes Timing geachtet, auf Grund Karhus unbeeindruckter Reaktion konnten wir aber sehr schnell zu Aufgabe 8 übergehen.



Aufgabe 8 - Geister

Als ich den ersten Hund bei dieser Aufgabe sah, wurde mir mulmig. Dies ist die meiner Meinung nach größte Provokation des Hundes.

Beschreibung des Hundes in einer Situation, in der sich ihm bedrohliche Objekte langsam nähern

Zwei Figuranten verkleiden sich als Geister. Die Kleidung ist bis ins kleinste Details zentimetergenau vorgegeben. Sie ist dreiteilig, besteht aus einem bis zum Boden reichenden weißen Gewand, einem Oberteil und einem Kopfteil, das leicht abnehmbar sein muss. Das "Gesicht" besteht aus zwei Augenöffnungen und einem geraden schwarzen Strich als "Mund".

Die Umgebung soll offenes, gerades Gelände sein, in dem der Hund die Geister schnell wahrnehmen kann. Die Geister befinden sich im Abstand von 25 Meter voneinander, der Abstand zum Hund/HF (Leine hängt locker durch) beträgt jeweils ca. 20 Meter. Der Testleiter steht hinter dem Hundeführer außerhalb des Sichtbereiches des Hundes. Mittels Sichtzeichen weist er (abhängig von der Reaktion des Hundes) den rechten oder linken Geist - oder beide - an, sich vorwärts zu bewegen. Sie bewegen sich langsam bis schleichend (es hätte mich nicht gewundert, wenn sie einen halben Meter über dem Boden geschwebt wären). Die Geister nähern sich dem Hund bis auf 4 Meter. Dann drehen sie sich auf ein Zeichen des Testleiters um, schauen vom Hund weg. Die Leine wird gelöst, die Geister lassen die Hände sinken, so dass der Hund Kontakt aufnehmen kann. Der Hund wählt normalerweise einen Geist, den er untersuchen möchte. Der HF geht zwei Meter auf den vom Hund ausgewählten Geist zu und wartet. Im nächsten Schritt geht er um den Geist herum, stellt sich ihm gegenüber und spricht den Geist an. Der Hund wird vom HF heran gelockt. Der HF nimmt das Kopfteil des Geistes ab und setzt das Gespräch fort. Der Figurant bietet dem Hund für 15 Sekunden Kontaktmöglichkeit in stehender Stellung an.

Hat der Hund den Geist begrüßt, folgt die Auflösung der Situation mit dem zweiten Geist. Falls der Figurant keinen Kontakt zum Hund aufnehmen kann, demaskieren sich die Geister und machen mit Hund und HF einen kurzen Spaziergang.

Beschrieben werden nach dieser Sequenz fünf Punkte:

· Geist - Drohung und Aggressivität 1. Zeigt kein Drohverhalten / 2. Zeigt vereinzeltes Drohverhalten / 3. Zeigt längere Zeit anhaltendes Drohverhalten / 4. Zeigt anhaltendes Drohverhalten, attackiert / 5. Zeigt Drohverhalten mit mehreren Attacken

· Geist - Kontrolle 1. Kaum Kontrolle, danach kein Interesse, unbeteiligt / 2. Schaut hin und wieder zu den Geistern / 3. Kontrolliert und handelt gegenüber Geistern, z.B. halbe Strecke gegenüber beiden oder gesamte Strecke gegenüber einem mit kurzen Unterbrechungen / 4. Kontrolliert beide Geister mit kurzen Unterbrechungen / 5. Kontrolliert über die gesamte Zeit beide Geister.

· Geist - Angst 1. Hält sich vor oder an der Seite des HF auf / 2. Hält sich hauptsächlich vor oder an der Seite des HF auf. / 3. Hält sich hauptsächlich vor oder an der Seite des HF auf, wechselt zwischen Fluchttendenz und Kontrolle / 4. Hält sich hauptsächlich hinter dem HF auf, wechselt zwischen Fluchttendenz und Kontrolle / 5. Hält sich am Ende der Leine auf, oder verlässt den Platz, flüchtet.

· Geist - Neugierde 1. Geht zum Geist, nachdem HF das Kopfteil abgenommen hat oder geht gar nicht / 2. Geht zum Geist, als der HF mit ihm spricht und Hund lockt / 3. Geht zum Geist, als HF ihm gegenüber steht / 4. Geht zum Geist als HF auf halber Strecke zum Geist steht / 5. Geht ohne Hilfe zum Geist

· Geist - Kontaktaufnahme mit Figurant in Geisterkleidung 1. Weist ab oder vermeidet Kontaktversuch, nimmt keinen Kontakt auf / 2. Akzeptiert Kontakt ohne ihn zu beantworten / 3. Beantwortet Kontakt des Figuranten / 4. Nimmt selbst Kontakt zu Figuranten auf / 5. Nimmt intensiven Kontakt auf, d.h. springt an etc

Mein persönlicher Eindruck zu dieser Übung: Karhu war lange Zeit ruhig und beobachtete, vor Peter stehend, das Geschehen vor ihm. Die unheimlichen Geister kamen näher und näher, Karhu stand still und versuchte, beide im Blick zu behalten. Irgendwann war die Toleranzdistanz unterschritten und Karhu wechselte in Drohhaltung. Er warf sich urplötzlich in die Leine, baute sich auf und bellte. Das Verhalten versuchte er gegen beide Gestalten zu richten. Und er meinte es ernst, die Geister waren für ihn eine klare Bedrohung. Als sich die Geister beide umdrehten, änderte sich seine Haltung erstaunlicherweise sofort. Er gab seine Drohungen auf und wurde neugierig. Gleichzeitig gab Peter die Leine frei. Karhu rannte zum ersten Geist, schnüffelte an der Hand, schien zu realisieren "ach, ein Mensch!" und agierte sofort freundlich. Gelassen lief er selbstständig zum zweiten Geist und machte das selbe. Damit war die Situation bereits von Karhu selbstständig aufgelöst worden.

Welches Verhalten hier richtig ist, hängt sicher auch von den Erwartungen ab. Für uns war dieses Verhalten optimal - es war nichts Menschliches an den Gestalten, weder die Bewegungen noch das Aussehen. Allerdings möchte ich nicht unbedingt bei jedem Hund in der Haut der Figuranten stecken.

Wie ich bereits beim Overall schrieb, finde ich diese Übung weitaus provozierender. Der Overall beinhaltet eine Schrecksekunde, danach ist und bleibt alles friedlich. Die Geister stellen eine vermeintliche Bedrohung dar, die sich von zwei Seiten auf den Hund zu bewegen. Die Bezugsperson des Hundes ist für ihn keine Hilfe, da sie sich vollkommen neutral verhält und keinerlei Hinweis geben darf. Auch hier hängt viel vom Testleiter ab, der den Hund einschätzen und den Überblick behalten muss. Allerdings kann man sehr umfangreiche Schlüsse aus dem Verhalten des Hundes ziehen: steht er vor dem Hundeführer oder sucht er Schutz? Gibt er sich selbstbewusst oder versucht er zu flüchten? Wie löst er die Situation, wenn die vermeintliche Bedrohung nicht mehr gegeben ist und sich die Maskierten als freundlich Gesinnte herausstellen?

Aufgabe 9 - Spiel 2

Die Reaktion des Hundes beim gleichen Spiel wie zu Anfang wird beschrieben und beobachtet, ob und wie sich das Verhalten durch die Tests verändert haben

Das gleiche Spielzeug wie bei Spiel 1 wird verwendet. Der HF wirf das Spielzeug zum TL, der wirft zurück und der HF wieder zum TL. Der wirft es dann ca. 10 m von sich weg. Der Hund soll es zum HF zurück bringen, locken und Anweisungen sind zulässig.

Anschließend folgt ein Zerrspiel.

Beschrieben werden nach dieser Sequenz zwei Punkte:

· Spiel 1 - Spielfreude (1.Spielt nicht/ 2 Spiel nicht, zeigt aber Interesse/ 3.Beginnt langsam, bleibt aktiv, spielt/ 4.Beginnt sofort, spielt aktiv/ 5. Beginnt extrem schnell, spielt extrem aktiv)

· Spiel 1 - Greifen (2. Greift nicht / 2. Greift nicht, schnüffelt nur am Spielzeug/ 3. Greift zurückhaltend oder mit den Vorderzähnen/ 4. Greift direkt mit ganzer Schnauze / 5. Greift direkt, schüttet Spielzeug

Mein persönlicher Eindruck zu dieser Übung: Es gab bei Karhu keinen Unterschied zum Anfang. Die Übungen hatten ihn in keiner Weise irritiert oder beeindruckt. Er freute sich, endlich wieder spielen zu dürfen. Auch das Zerrspielangebot nahm er gerne an. Die Übung geht gleich in Aufgabe 10, die Schussüberprüfung, über.



Aufgabe 10 Schußüberprüfung

Beschrieben wird die Reaktion des Hundes während der Abgabe eines Schusses. Der Hund ist dabei sowohl in Aktivität (Spiel) als auch passiv. Das Spiel erfolgt mit dem HF.

Die Schussabgabe erfolgt mit einem 9 mm Revolver. Es werden vier Schüsse abgegeben, zwei während des Spiels mit dem Spielzeug aus Spiel 2 mit dem HF (unangeleint), zwei nach dem Spiel. Hierbei steht der Hund mit durchhängender Leine frei neben dem HF. Zeitintervall: 10 Sekunden. Der schussabgebende Figurant steht 20 m entfernt außerhalb des Sichtbereiches und handelt auf Sichtzeichen des Testleiters.

Nach der Schussabgabe wird die Übung mit einem weiteren Spiel abgeschlossen.

· Schussabgabe: 1. Zeigt keine Reaktion. Schnelle Kontrolle oder komplette Unberührtheit / 2. Beeindruckt beim Spiel oder in der Passivität, danach unberührt / 3. Richtet Interesse zum Schützen, Publikum o.ä. wendet sich zum Spiel zurück / 4. Bricht Spiel/Passivität ab. Löst sich zum Publikum/Schützen, spielt nicht weiter / 5. Beeindruckt, verängstigt.

Mein persönlicher Eindruck zu dieser Übung: Wie erwartet, zeigte sich Karhu auch bei vier kurz hintereinander folgenden Schüssen nicht beeindruckt. Er spielte weiter bzw blieb ruhig stehen. Die Schussüberprüfung ist die einzige Übung, die der Hundebesitzer ablehnen kann. Dies muss zu Anfang der MH angekündigt werden.

Es folgte die Schlußbesprechung - und Karhu hatte bereits einige neue Freunde gewonnen....

Fazit:

Die gesamte MH dauert ca. 45 Minuten, die Hunde werden zu bestimmten Zeiten bestellt und niemand (abgesehen von Zuschauern, die von Anfang bis Ende dabei bleiben müssen) darf während der Prüfung auf das Gelände. Das garantiert absolute Ungestörtheit, die wichtig ist, da z.B. beim Overall eine einzige Bewegung die Reaktion des Hundes verändern kann.

Wir waren uns einig, dass die MH absolut routiniert durchgeführt wurde. Da der Test rasseübergreifend ist, finden im gesamten Land laufend MHs statt - die Ausführung übernehmen die Hundevereine unter Führung des Gebrauchshundeklubs. Die Ergebnisse werden im Original an den Schwedischen Kennelklub weiter geleitet, einen Durchschlag bekommt der Hundebesitzer vor Ort ausgehändigt. Die Ahnentafel erhielt einen Eintrag, dass Karhu die Mentalbeskrivning Hund absolviert hat.

Gleichzeitig erhielten wir eine mündliche Einschätzung unseres Hundes, d.h eine weitergehende Erklärung der Reaktionen in den einzelnen Übungen durch den Beschreiber und den Testleiter. Es war ein nettes Gespräch im Anschluss, das allerdings auf Schwedisch stattfand. Dabei kam auch die Sprache auf die Reaktion in Aufgabe 5, die wir alle anders erwartet hatten. Im übrigen war der Bericht durchweg positiv, wobei hervorgehoben wurde, wie sicher er die provozierenden Aufgaben selbstständig lösen konnte. Ebenso positiv erwähnte der Wesensbeschreiber Karhus unaufdringliche Freundlichkeit allen fremden Personen gegenüber, d.h. kein Anspringen, kein Abschlabbern, aber ein deutliches Beantworten, sobald sich ihm jemand zuwendet oder ihn anspricht. Seine Ungeduld, die sich häufig in Jammern und Fiepen äußert, sei zwar nervend, aber er habe so viele positive Eigenschaften, dass es kaum ins Gewicht fiele. Der Spieltrieb wurde als optimal bezeichnet, aber eben noch nicht übertrieben. Da wir das letzte Team waren, blieb noch ein wenig Zeit für allgemeine Gespräche zum Thema Wesenstests, Ausbildung und Erziehung.

Zunächst waren wir uns unsicher, ob wir für die MH melden sollten. Im Nachhinein hätte ich mich geärgert, wären wir nur "zum Gucken" hingefahren. Es war ein unglaublich spannender und interessanter Tag, der viele Einblicke gab, wie das Thema Wesensbeurteilung in Schweden angegangen wird, gerade weil die MH teilweise als Nonplusultra gesehen wird.

Über das System, eine Prüfung durch eine Beurteilung zu ersetzen, lässt sich sicher diskutieren. Dafür würde sprechen, dass womöglich viel mehr Hunde diese Besitzer diese Beurteilung machen würden. Die MH kann einem Besitzer Hinweise geben, welchen Charakter sein Hund hat; eine Grundbeurteilung, auf die man Ausbildung und Erziehung aufbauen kann. Sie ist erst in zweiter Linie zur Zuchtlenkung gedacht. Nutzt man eine solche Beurteilung vereinsmäßig zur Zuchtlenkung, muessten die Aufgaben gegebenenfalls noch rassespezifisch angepasst werden. Bleibt es bei einer Beurteilung, von der nur extrem ängstliche oder aggressive Hunde ausgeschlossen werden, besteht die Gefahr, dass jede Beurteilung "schöngeredet" wird, und so auch Hunde in der Zucht verbleiben, die charakterlich nicht dem gewünschten Level entsprechen. Die Entscheidung über den Zuchteinsatz trifft, zumindest bei Hündinnen , der Züchter selbst. Mit Einführung der Zuchtzulassungsprüfungen sind zumindest die VDH Vereine bisher einen anderen Weg gegangen, das wird seine Gründe haben. Es wären, würde man das MH Konzept in Erwägung ziehen, zwei Entscheidungen zu treffen: 1. Ob es sinnvoll ist, eine Prüfung zu ersetzen und 2. Ob die derzeitigen Aufgaben verändert werden können und sollen. Ich sehe das schwedische Konzept nicht so einfach übertragbar und auch die Schweden sind sich offenbar der Bedeutung von Beurteiler und Testleiter auch im Hinblick auf die Auswirkungen des Tests auf den Hund bewusst. Hat einer der beiden ein Jahr lang keine MH abgenommen, darf er dies ohne weiteres nicht mehr tun. Bei den Figuranten beträgt diese Frist 2 Jahre. Dies würde einen extremen personellen Aufwand bedeuten, der beim schwedischen Konzept (durch den Schwedischen Kennelklub geleitet, für alle Rassen identisch) machbar ist. Sicher beinhaltet die MH zahlreiche Anregungen; ohne ein vernünftiges Konzept (was soll warum beurteilt werden) und vor allem ohne ein geschultes Team könnten einige Übungen Hund und Halter eher schaden als nützen.

Auch das Anforderungsprofil unterscheidet sich. Wird in den derzeitigen Prüfungen sehr viel Wert auf das Verhältnis Halter-Hund gelegt, ist dies in der MH eher zweitrangig. Der Halter begleitet den Hund durch die MH, außer in den Spielsequenzen übernimmt er aber keine aktive Rolle, sondern wird sogar angewiesen, keine Hilfestellungen zu geben. Erst, wenn der Hund die Situation allein nicht auflösen kann, wird Schritt für Schritt Hilfe angeboten. Das ist ein völlig anderer Ansatz als der der derzeitigen Prüfungen. Hier läuft der Hund teilweise sogar unter Kommando des Halters. Aber auch wenn Unterordnung nicht gestattet ist, darf der Halter heranrufen, lenken und leiten.

Für mich persönlich bedeutete dieser Tag, dass ich von nun an die Ergebnisse besser beurteilen kann. Hut ab vor jedem Hund, der sich der MH stellt. Immerhin waren dies im Jahr 2010 bereits 39 Weiße SChäferhunde: ein hoher Prozentsatz, was wiederum zeigt, dass diese Form der Mentalbeschreibung allgemein akzeptiert wird. Und wie gesagt: bei einem derart geschulten und routinierten Team würden auch wir jederzeit wieder gerne teilnehmen wollen.

Fotos und Text: Gaby von Döllen. Sämtliche Fotos unterliegen dem Copyright. Kopie und Verwendung nur mit unserer schriftlichen Erlaubnis. Oktober 2010

Photo and text copyright: Peter and Gaby von Döllen. Copy and use is only allowed with our written permission. Oct 2010