Unsere "Schneeflocke" Lumihiutale

Lumis erste Zeit bei uns

Der 30. Juni 2000 war der Tag, an dem der kleine Lumi bei uns einzog. Begleitet von seinem Vater Quijote, seiner Züchterin Inga-Britt und deren Freundinnen Benite und Karin hatte er die weite Reise von Mittelschweden nach Deutschland angetreten. Für uns begann eine turbulente Zeit, in der unser kleiner Lumi uns sofort davon überzeugte, dass er es faustdick hinter den Ohren hatte. Gleich der zweite Spaziergang brachte Aufregung. Sonntags morgens um 6 Uhr weckte Lumi uns. Ich nahm die Hunde, Fiala, Quijote und Lumi an die Leine und machte mich auf den Weg. An meiner Lieblingsstelle hielt ich an, setzte Quijote und Fiala für ein Foto in Position. Lumi wollte ich zum Schluss hinzu holen. Als ich mich umdrehte, war Lumi verschwunden. Weit konnte er nicht sein, aber er hatte sich gleich die gefährlichste Stelle ausgesucht. Als ich ihn erblickte, stand er unbeteiligt mitten auf der Kuhweide. Die Kühe hatten ihn auch erblickt und erst eine, dann noch eine und noch eine.... setzten sich am anderen Ende der Weide in Bewegung. Kurz darauf galoppierte das gesamte Rudel auf Lumi zu. Der setzte sich erst einmal. Ich sprang aus der Hocke auf, rollte mich unter dem Stacheldrahtzaun hindurch, fegte auf die Wiese, schnappte den verduzten Lumi und rollte wieder zurück. Gerade rechtzeitig, denn auf der anderen Seite des Zauns kam eine Horde von 10 Kühen bremsend und schnaubend zum Stehen. Ich leinte Lumi an und gab ihm die Gelegenheit, sich die komischen Viecher anzuschauen. Was er sofort tat - er zeigte kein Anzeichen einer Gefühlsregung. Das Foto machten wir noch - es wurde gezeichnet und wird das Titelfoto unseres Buches Weiße Schäferhunde Classic.

Es stellte sich heraus, dass dieses Erlebnis mehr als typisch war. Lumi war ein respektloser Draufgänger, wir haben viel versucht, aber nichts konnte ihn nachhaltig beeindrucken. Oder - doch: eine Sache gab es, die mochte er gar nicht: allein im Auto bleiben. Er tat es, aber nur unter Protest.

In den nächsten Tagen zeigte sich, dass er uns fordern würde. Er legte ein Selbstbewusstsein an den Tag, das uns erstaunte. Er hatte keine Verlassensängste, er war vollkommen unerschrocken und tat, was er wollte. Wenn die Wiese interessanter war, dann blieb er dort. Was wir taten, war ihm egal. Es war, als wisse er, dass wir, selbst wenn wir jetzt weg gehen, irgendwann wiederkommen, um ihn zu holen. Er ging seine eigenen Wege und das war manchmal nervtötend. Wir mussten uns seine Zuneigung regelrecht erarbeiten. Wenn wir ihn riefen und er kam, dann nicht, weil er Angst hatte, verlassen zu werden, sondern, weil er es wollte. Fiala griff bisweilen ein, indem sie ihn holte. Wenn wir schon 50 oder 100 m von Lumi entfernt waren und er kam nicht, war sie es, die zurück fegte und ihn holte. Wir ließen sie, sie konnte ihm besser klar machen, was Sache war. Irgendwann ging meine Neugierde mit mir durch. Ich packte Lumi in ein Auto (das er ja haßte und nur betrat, wenn er unbedingt musste) und fuhr auf eine ihm unbekannte, vollkommen einsame Lichtung. Ich ließ ihn spielen, entfernte mich spielend mit ihm vom Auto. Ging dann zurück und rief ihn. Neeein, für eine Autofahrt gab er seine Freiheit nicht auf. Er setzte sich und schaute mich provozierend an. Er war damals knapp 5 Monate alt. Langsam öffnete ich die Fahrertür, stellte die Seitenspiegel so ein, dass ich ihn im Blickfeld hatte, startete den Motor. Lumi beobachtete. Ich rief ihn nochmals. Nichts passierte. Ich schlug die Fahrertür zu und fuhr los. Der Hund blieb sitzen und als ich ein Stück entfernt war, legte er sich hin und schnüffelte im Gras. Ich fuhr um die Wegbiegung außer Sichtweite. Als immer noch kein weißes Fellbündel hinterher kam, wusste ich, dass Lumi wieder einmal moralischer Sieger geblieben war. Kleinlaut musste ich wenden und meinen Lumi wieder abholen. Er lag noch immer im Gras. Als ich in Entfernung hielt und ihn rief, stand er auf und kam langsam, ganz langsam zu mir.

Es dauerte einige Wochen, bis wir merkten, dass Lumi mehr und mehr Bezug zu uns aufbaute und anhänglicher wurde. Wir konnten nichts erzwingen. Obwohl er sich jederzeit unterordnete, zeigte er andererseits immer Unabhängigkeit und ein sehr ausgeprägtes Selbstbewusstsein.

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